erkannten Wahrheit bis Zum letzten Athemzuge treu zu bleiben."
Den lutherischen Unterthanen versicherte er, ihren Glauben und ihre Gewissensfreiheit unangetastet zu lassen. Als er 1619 starb, hinterließ er ein Reich von 1470 ^Meilen mit 900,000 Einwohnern.
5. per dreißigjährige Krieg.
a. Veranlassung zum Kriege. Im Jahre 1617 war das Reformations-Jubiläum gefeiert worden; dasselbe hatte ganz besonders in Böhmen die Spannung zwischen den Protestanten und Katholiken erhöht. Während die Protestanten fortwährend bedrückt und verfolgt wurdeu, begünstigte man den Jesuitenorden in auffallender Weise; der protestantische Burggraf Matthias von Thurn wurde seines Amtes enthoben, und zwei den Protestanten gerade am meisten verhaßte Männer, Martinitz und Slavata waren in die Zahl der böhmischen Statthalter aufgenommen worden: durch das alles stieg die Gereiztheit der Protestanten so hoch, daß es nur noch eines geringfügigen Anlasses bedurfte, um die Empörung in hellen Flammen auflodern zu lassen. Die Protestanten hatten nun in Klostergrab, auf dem Gebiete des Erzbischofs von Prag, eine Kirche erbauen lassen, ebenso in Braunau, welche Stadt dem Abte von Braunau unterstellt war. Auf kaiserlichen Befehl aber wurde die Kirche zu Klostergrab niedergerissen und die zu Braunau geschlossen. (Der Kaiser war hierzu formell im Rechte, denn nach einer bestehenden Bestimmung durften die Protestanten auf geistlichem Gebiete keine Kirchen und Schulen errichten.)
Als die protestantischen Stände sich hierüber beschwerten, erhielten sie dafür einen schärfen Verweis. Da erschienen am 23. Mai 1618 1618 Abgesandte der protestantischen Stände auf der Statthalterschaft zu Prag und stellten die anwesenden Statthalter zur Rede, ob das kaiserliche Schreiben von ihnen veranlaßt worden sei. Als sie keine genügende Antwort erhielten, erhitzte sich der Streit so, daß die Abgesandten zwei der anwesenden Statthalter, Martinitz und Slavata, und ihren Geheimschreiber Fabricius aus dem Fenster hinaus in den Schloßgraben warfen. Trotz der bedeutenden Höhe kamen alle drei mit dem Leben davon, und einer von ihnen eilte nach Wien, um dem Kaiser den Vorfall zu berichten.
Es war eine rohe Gewaltthat, und die Protestanten fühlten das und sahen voraus, welche Folgen diese nach sich ziehen müsse.
Um denselben begegnen zu können, rissen die Protestanten die : Regierung an sich, vertrieben die Jesuiten, welche man als die
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Extrahierte Personennamen: Matthias_von_Thurn
Extrahierte Ortsnamen: Martinitz Klostergrab Prag Braunau Braunau Braunau Martinitz Wien
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Der Beichtvater ries ihm zu: „Sohn des heiligen Ludwig, steige auf zum Himmel!" Da fiel das Beil; ein Henkersknecht ergriff das Haupt und zeigte es dem Volke, das in wilder Wuth schrie: „Es lebe die Nation! Es lebe die Freiheit!" Hüte und Mützen flogen in die Höhe; der entfesselte Pöbel tanzte um das Schaffst. Wohl wurden Versuche gemacht, den Tod des Königs zu rächen, wie zu Toulou und Lyon; aber der Convent erstickte jeden derartigen Versuch in Strömen von Blut; die Gnillotine arbeitete Tag und Nacht; die Nation wurde unter die Waffen gerufen, um jede Möglichkeit eines Erfolges der Königsfreunde auszuschließen.
6. Die Schreckensherrschaft Robespierre's. Die Hinrichtung des Königs hatte bei dem Volke den letzten Rest von Scheu und Ersnrcht vor dem Heiligen und Göttlichen vertilgt; es folgte eine Zeit, die mau versucht ist die Zeit des allgemeinen Wahnsinns zu nennen. Der Erzbischof von Paris erschien in dem
Convent und erklärte, das Christenthum sei eine Lüge; ein an-
derer Priester schrieb an den Convent, er habe sein Leben lang Lügen gepredigt und fei nun der Sache müde. Das Christenthum wurde förmlich abgeschafft (3. Novbr. 1793); man predigte, es gebe keinen anderen Gott als die Vernunft; das Volk plünderte unter der Anführung von Geistlichen die Kirchen und Klöster und betrank sich ans den Abendmahlsgefäßen. Es wurde ein Vernunftdienst eingerichtet; eine liederliche Frauensperson, mit einem himmelblauen Gewände bekleidet und mit der rothen Jacobiner-: mütze aus dem Kopfe, wurde auf einem Wagen in der Stadt ; umhergefahren und als Göttin der Vernunft ausgerufen.
^Der Kampf der Parteien unter einander wurde immer heftiger:
1 ^ vmcobiner überwältigten die gemäßigten Girondisten, welche sfast sämmtlich unter der Guillotine fielen; auch den Herzog von ^Orleans, der sich „Bürger Gleichheit" nannte, um den Jacobinern ;,zu schmeicheln, ereilte das Verhängnis. Um allein regieren zu Ifönnen, ließ Robespierre auch Danton, ein Haupt des Convents, ihinrichten. Der Liebling des Pöbels, Marat, wurde durch ein 'Mädchen aus der Normandie, Charlotte Corday*), ermordet; aaber der Plan, dadurch bessere Zeiten herbeizuführen, wurde nicht erfüllt. Am 16. Oetober 1793 mußte auch die Königin Marie ^Antoinette das Blutgerüst besteigen. Trotz alles Schreckens, den Mobespierre verbreitete, oder vielleicht wegen desselben sah er
*) spr. Cord äh.
Hop?, Lehrbuch, Iii. 9
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Extrahierte Personennamen: Ludwig Ludwig Danton Charlotte_Corday* Marie Cord_äh
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seine Macht wanken; da beantragte er bet dem Convent, den Glan- s den an Gott wieder einzuführen, was denn auch am 8. Juli 1794 j unter großen Festlichkeiten geschah. Als aber Robespierre wieder mit Anklagen gegen Conventsmitglieder auftrat, rief man ihm entgegen: „Nieder mit dem Tyrannen!" Eilig flüchtete er in's j Stadthans und wollte sich, um der Gefangennahme zu entgehen, 1 erschießen, zerschmetterte sich aber nur die Kinnlade und wurde ergriffen; auch fein Haupt fiel unter der Guillotine.
Nach Robespierre's Tod trat eine gemäßigtere Partei an's 1 Ruder. Der Convent ging auseinander (1795), und au feine Stelle trat das Direktorium. Dasselbe bestand aus 5 Direc-1 toren, denen ein Rath von Fünfhundert und der Rath der Alten I zur Seite standen.
13. Friedrich Wilhelm Ii.
a. Friedrich Wilhelm als Kronprinz. Erste Regie-rungsmaßnahmen. Friedrich der Große war ohne Leibeserben z geblieben; deshalb hatte er schon frühe feinen Bruder, den Prinzen August Wilhelm, zu feinem Nachfolger ernannt, als dieser aber nach der unglücklichen Schlacht bei Collin bittere Vorwürfe von' seinem königlichen Bruder hören mußte, schied er aus dem Dienst;? schon 1758 starb er. An seiner Stelle wurde sein Sohn Frieds rich Wilhelm Zum Prinzen von Preußen und damit zum Thronfolger ernannt. Derselbe war von gutem Gemüth, zeigte viel Milde und Wohlwollen und batte durch einen guten Unterricht sich tüchtige Kenntnisse erworben. Aber es fehlte ihm vor allen Dingen eine feste Willenskraft, welche ihn die Weichheit feines Körpers und die Starke feiner Leidenschaften hätte überwinden lassen; er ließ sich von Günstlingen und Frauen leicht einnehmen: und leiten. Diese Verschiedenheit des Charakters von dem des * Königs war die Ursache, daß zwischen Friedrich d. Gr. und seineml Nachfolger eine Spannung herrschte, welche sich darin äußerte,, daß letzterer erst wenige Jahre vor dem Tode des Königs zu dem Regierungsgefchäften herangezogen wurde.
Die Regierungsteit Friedrich Wilhelm's war eine schwere;: ■war es schon schwierig, als Nachfolger des großen Königs sichii §u behaupten, so trugen besonders die äußeren Verhältnisse, die-in Frankreich herrschende Revolution, sehr viel zur Vermehrung; der Schwierigkeiten bei. Friedrich Wilhelm war bei feinem Re--gierungsantritt vom besten Willen für das Wohl feines Volkes
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich August Wilhelm Frieds Wilhelm Friedrich_d Friedrich Friedrich_Wilhelm's Friedrich Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
Abendmahles eigens für sie Zubereiteter Obladen. Als besondere Misstände sind aber hervorzuheben die Eintheilnng des Volkes in drei Stände: Adel, Geistlichkeit und Bürger (Baueru), und die Vorrechte, welche die beiden ersten Stände vor dem dritten genossen. Auf dem dritten Stande allein ruhte die Steuerlast, und daß diese keine geringe war, dafür sorgte der verschwenderische Hos. Ungemein verhaßt waren auch die s. g. Hastbriese; durch dieselben konnte jeder ohne Verhör und ohne Gericht verhaftet werden; nicht nur die Minister, sondern auch die Günstlinge am Hose bedientet: sich derselben gegen diejenigen, welche ihnen unbequem oder gefährlich waren. Dazu kam, daß viele Franzosen an dem Freiheitskriege in Nordamerika Theil genommen hatten und nun bei ihrer Rückkehr nach Frankreich die Lehren von der Gleichheit aller Staatsbürger und von der Selbstbestimmung des Volkes predigten und verbreiteten. So hatte sich in Frankreich Zündstoff angehäuft, eine Gährung war im Gauge, welche allein Friedrich der Große richtig erkannte, denn er sagte kurz vor seinem Tode zu seinem Großneffen, dem nachmaligen König Friedrich Wilhelm Iii.: „Nach meinem Tode, fürchte ich, wird's pele mele*) gehen; überall liegen Gärungsstoffe, besonders in Frankreich!"
b. Ausbruch der Revolution. Im Jahre 1774 bestieg Ludwig Xvi. den französischen Thron. Sowohl er, als auch seine Gemahlin Marie Antoinette, die Tochter Maria Theresia’?, waren fromm und fittenrein, aber es gelang ihnen nicht, der herrschenden Sittenlostgkeit zu steuern. Um den Steuerdruck zu vermindern, lebte Ludwig in der größten Einfachheit, aber er war zu schwach, die Verschwendung seines Hofes abzustellen. Zur gleichmäßigeren Verkeilung der Steuerlast rieth der Finanzminister Neck er dem Könige, die Stände, welche seit 1614 nicht mehr getagt hatten, zu berufen. Von dem Adel erschienen 300 Abge-ortmete, ebenso von der Geistlichkeit, der dritte Stand sandte Wo, Abgeordnete. Die beiden ersten Stände bestanden darauf, daß jeder Stand für sich berathe und abstimme und als eine Stimme anzusehen sei; dem widersetzte sich der dritte Stand, weil ihm dann seine doppelte Anzahl von Abgeordneten nichts nütze und er stets überstimmt werden konnte; er verlangte, daß nach Köpfen abgestimmt werden solle. Als die beiden anderen Stände darauf nicht eingingen, trennte sich der dritte Stand und bildete die
*) d. h. bunt durcheinander.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_der_Große Friedrich Friedrich_Wilhelm_Iii Friedrich Wilhelm Ludwig_Xvi Ludwig Marie_Antoinette Maria_Theresia’ Maria Ludwig Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Nordamerika Frankreich Frankreich Frankreich
— 126 —
constituirende, d. H. verfassunggebende Versammlung; die Bürger waren fest entschlossen, nicht auseinander zu gehen, bis sie dem Reiche eine neue Verfassung gegeben hätten. Ein Vetter des Königs, der Herzog von Orleans, welcher selbst nach der Krone strebte, hatte den Pöbel erregt und bereits große Unordnung veranlaßt, so daß Ludwig sich genöthigt sah, eine Abtheilung Militär von Paris nach Versailles zu beordern. Schon das erbitterte das Volk; als aber Ludwig seinen Finanzminister Necker, den Liebling des Volkes, entließ, da brach der Sturm los.
I Das Volk erstürmte die Bastille*), ein in der Mitte von Paris gelegenes Schloß, in welchem die Opfer der Minister und Höflinge als Gefangene schmachteten, befreite die Gefangenen und machte das Schloß dem Erdboden gleich (14. Juli 1789). Von dieser That an datirt man die erste französische Revolution.
Nun hob die National-Versammlnng alle Vorrechte des Adels und der Geistlichkeit auf und erklärte die Freiheit und Gleichheit aller Bürger als Gesetz. Das Volk aber durchbrach schon alle Schranken und verübte solche Greuelthaten, daß eiu großer Theil des Adels und des Hofes das Land verließ; nur der König blieb in Versailles zurück. Da beschlossen die Aufrührer unter der Führung des Herzogs von Orleans, sich des Königs zu bemächtigen; eine gerade ausgebrochene Brottheurung wurde dem König schuld gegeben; ein durch heftige Reben und den Genuß von Branntwein fast bis zum Wahnsinn erhitzter Volkshaufe zog nach Versailles und zwang den König, feine Wohnung in Paris zu nehmen. Dahin folgte auch Bald bte National-Versarnrnlung.
Aber weder der König, noch die National-Versammlnng waren jetzt mehr selbstständig; beide waren in der Gewalt der Pariser Volksführer. In der National-Versammlnng gab es jetzt zwei Parteien, eine, welche es mit dem Königthum hielt, und eine andere, welche für die Republik schwärmte. Unter den letzteren, welche man wegen ihrer erhöhten Sitze in der National-Versammlnng die „Männer des Berges" nannte, waren die Jakobiner die schlimmsten; vor ihnen war auch der König nicht mehr sicher, weshalb Ludwig beschloß, sich durch die Flucht in's Ausland zu retten. Als er aber auf der Flucht durch einen Postmeister erkannt wurde, mußte er, vom Volke gebrängt, wieber nach Paris zurückkehren, wo er von nun an in fcestänbiger Gefahr schwebte. Die National-garbe in Paris vermochte die Greuelthaten des Pöbels nicht mehr
*) spr. Bastij,
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Extrahierte Ortsnamen: Paris Versailles Paris Versailles Versailles Paris Paris Paris
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zu hindern, so daß viele der Besseren es für gerathen hielten, sich dem Volke und feinem Wüthen anzuschließen.
Als bald nach des Königs Rückkehr die Verfassung proclamirt worden war, löste sich die constitnirende Versammlung auf; der König beschwor am 14. September 1791 die Verfassung, durch welche seine Rechte bedeutend eingeschränkt wurden. Nun trat die gesetzgebende Versammlung, ans 747 Abgeordneten bestehend, zusammen; auch in dieser Versammlung hatten die Republikaner die Majorität; zu ihnen gehörten Robespierre und Danton, welche das Volk von Paris für ihre Umsturzpläne zu begeistern wußten.
c. Abschaffung des Königthums. Die gesetzgebende Versammlung faßte den Beschluß, daß alle Ausgewanderten zurückkehren sollten, widrigenfalls ihre Güter eingezogen werden würden. Da unter den Emigranten des Königs nächste Verwandte waren, so bestätigte der König diesen Beschluß nicht. Diese Weigerung Ludwigs war die Ursache für die Abschaffung des Königthums. Die Jakobiner erregten einen mächtigen Ausstand; am Abend des 10. August 1792 zog ein wild erregter Hanse vor das Schloß und schrie: „Nieder mit dem Tyrannen, nieder mit dem Vielfraß, der jährlich 25 Millionen verschlingt!" Der Aufruhr wurde so groß, daß der König um 9 Uhr sich in die gesetzgebende Versammlung flüchtete, um dort Schutz zu suchen. Dort wurde er sehr kühl empfangen, und man wies ihm ein enges Zimmerchen als Aufenthaltsort an; sechzehn Stunden lang mußte er warten und mußte Ohrenzeuge fein, wie die Versammlung beschloß, das Königthum einstweilen aufzuheben, die königliche Familie unter Aufsicht zu stellen und einen Nationalconvent einzuberufen. Unterdessen hatte das Volk die Tnilerien erstürmt, wobei über 4000 Menschen niedergemetzelt worden waren. Drei Tage nachher brachte man den König in den Tempel, einen alten Gefängnisthurm, und ließ ihn daselbst scharf bewachen; auch alle Königsfreunde wurden gefänglich eingezogen. Um jeden Widerstand der letzteren zu brechen, beschloß man ihre Vernichtung; es folgten vom 2. bis 7. September die schrecklichen Septembertage, in welchen Mörderbanden von Gefängnis zu Gefängnis zogen und über 5000 Gefangene niedermachten.
d. Hinrichtung des Königs. Nach der Auslösung der gesetzgebenden Versammluug trat der Convent zusammen, welcher aus den wildesten Jakobinern bestand; derselbe hob in seiner ersten
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— 128 —
Sitzung die Königswürde auf und stellte Ludwig Xvi. unter die Anklage, mit Frankreichs Feinden zum Nachtheile des Vaterlandes verhandelt zu haben. Ludwig, vor den Convent gerufen, vertheidigte sich in glänzender Weise, aber nach einem sehr erregten Kampfe der Parteien, welcher mehrere Tage und Nächte dauerte, wurde er am 17. Januar 1793 zum Tode vernrtheilt: zum Tag der Hinrichtung wurde der 21. Januar bestimmt.
Beim Anbruche seines Todestages empfing der König seinen Beichtvater, beichtete und genoß das heilige Abendmahl. Bald wurde es lebendig in den Straßen; es wurde Generalmarsch geschlagen, Kanonen wurden aufgefahren. Um 9 Uhr wurde Ludwig durch den Commandanten der Nationalgarde abgeholt. Als er einem der anwesenden Beamten sein Testament überreichen wollte, verweigerte dieser die Annahme mit den Worten: „Ich bin nicht gekommen, Ihr Testament in Empfang zu nehmen, sondern Sie zum Schaffst zu führen." Ein anderer Beamter nahm das Testa- ; ment an. Nachdem der König noch einmal brünstig gebetet und von seinem Beichtvater den Segen empfangen hatte, bestieg er den Wagen, der ihn zum Schaffet führen sollte; vor ihm faßen zwei Gensdarmen, neben ihm der Beichtvater. Die Straßen waren mit Bewaffneten stark besetzt; alle Thüren und Läden wurden geschlossen gehalten; in der allgemeinen Stille hörte man nur das Wagen- 1 rasseln. Um 10 Uhr kam der Wagen auf dem Richtplatz vor den Tnilerien an; eine unübersehbare Volksmenge harrte des gräßlichen Schauspieles; ringsum waren Kanonen aufgestellt, um jede Kundgebung, welche dem König günstig gewesen wäre, sofort zu ersticken. Als ihm die Henkersknechte nahten, um ihm die Kleider abzunehmen, wies er sie zurück und entblößte sich selbst; als man ihn binden wollte, rief er: „Mich binden? das werde ich nie zu- i geben!" gab aber auf die Erinnerung feines Beichtvaters, daß auch Christus sich habe binden lassen, nach. Dann stieg er, auf feinen Beichtvater gestützt, langsam die Stufen zur Guillotine*) hinauf. Dort angekommen, gebot er Stillschweigen und rief mit lauter Stimme: „Franzosen! ich sterbe unschuldig aller der Verbrechen, die man mir zur Last legt. Ich verzeihe den Urhebern meines Todes und bitte Gott, daß das Blut, welches ihr eben vergießen wollt, Frankreich nicht heimsuchen möge." Noch wollte er weiter sprechen; aber Trommelwirbel übertönten seine Stimme, und Henkersknechte ergriffen ihn, ihn unter das Fallbeil zu führen.
*) spr. Gülljotine (nach ihrem Erfinder, dem Arzt Guillotine.
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P- Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Frankreich Deutschland
— 178 —
in Frankfurt a. M. zusammen, welches den Erzherzog Johann von Oestreich zum Reichsverweser wählte. In diesem Parlamente saßen neben den gelehrtesten und geistreichsten, für das Volkswohl uneigennützig wirkenden Männern eine Menge zügelloser Demokraten. Zwischen diesen und den Gemäßigten, der monarchischen Partei, kam es am 18. September zu einem Aufstande und Straßenkampfe, welcher durch hessisches und preußisches Militär niedergeschlagen wurde. Dieser Ausstand und die darauf folgende Ermordung des Generals von Anerswald und des Fürsten Lichnowsky (beide Preußen) zeigten den Abgrund der Demokratie und wurden von allen Bessergesinnten verurtheilt. Um ähnliche Vorgänge in Berlin zu verhüten, wnrde über die Stadt der Belagerungszustand verhängt und General Wrangel zum obersten militärischen Befehlshaber ernannt. Unterdessen hatte das Frankfurter Parlament die Aufstellung einer deutschen Reichsver-sassuug beendet und bot nun Friedrich Wilhelm Iv. die deutsche Kaiserkrone an; dieser aber wies sie, da nicht alle deutschen Fürsten damit einverstanden waren, zurück. Statt dessen gab er Preußen im Jahre 1849 eine neue Verfassung, welche in ihren Hauptzügen noch heute besteht. Durch diese Verfassung trat Preußen in die Reihe der constitutiouelleu Staaten ein. An der Spitze des Landes steht der König, ihm zur Seite zwei Kammern, das Herrenhaus, aus den volljährigen Prinzen des königlichen Hauses, aus erblichen, aus vom König auf Lebenszeit ernannten und gewählten Mitgliedern bestehend, und das Abgeordnetenhaus, in welches das Volk alle drei Jahre neu wählt; beide Kammern bilden den Landtag, der die Gesetze zu beratheu und die Einnahmen und Ausgabe» des Staates zu regeln hat.
Das Frankfurter Parlament löste sich bald auf, ohne jeglichen besonderen Erfolg erzielt zu haben. Friedrich Wilhelm, der gar wohl eingesehen hatte, daß die Gestaltung Deutschlands eine andere werden, daß Deutschland nicht einen Staatenbund, sondern einen Buudesstaat bilden müsse, erklärte, er habe sich an die Spitze des deutschen Vaterlandes gestellt. Im Mai 1849 schloß er mit den Königen von Sachsen und Hannover den Dreikönigsbund: die beiden letzteren traten in Folge von Einflüssen ans Wien bald wieder von demselben zurück. Da versuchte es Preußen auf eiue andere Weise, eine geschlossene Reichseinheit herbeizuführen; es berief 1850 ein Reichsparlament nach Erfurt, welches die vou ihm vorgeschlagene Reichsversassuug berieth und annahm. Aber Oestreich war damit nicht einverstanden; mit allen Mitteln er-
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Extrahierte Personennamen: Johann_von_Oestreich Johann Lichnowsky Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Oestreich
Extrahierte Ortsnamen: Frankfurt_a._M. Anerswald Berlin Deutschlands Deutschland Sachsen Hannover Wien Erfurt
— 192 —
Landes dem Erbprinzen Leopold von Ho h enz ollern an, der die Annahme derselben auch zusagte. Dagegen aber protestirte Frankreich, weil es eine Zunahme der Macht Preußens fürchtete; es drohte sogar mit Krieg, wenn die Annahme nicht rückgängig gemacht werde. Man sieht, Frankreich war nicht in Verlegenheit um einen Kriegsvorwand! Um den Krieg zu verhüten, trat Prinz Leopold freiwillig von der Kandidatur zurück, und König Wilhelm, das Haupt der Hohenzollern-Familie, billigte diese Entsagung. So war den Franzosen der Vorwand genommen; aber Napoleon wollte und mußte Krieg haben; er fühlte, daß sein Thron zu wanken beginne, deshalb mußte er die Aufmerksamkeit seines Volkes von den inneren Angelegenheiten nach außen ablenken. Der französische Botschafter am Berliner Hofe, Beuedetti, erhielt Weisung von Paris-nach Ems zu dem Könige Wilhelm zu reifen und von ihm zu fordern, daß er bei dem Kaiser Napoleon sich schriftlich darüber entschuldige, daß er dem Prinzen Leopold die Annahme der Wahl nicht schon früher untersagt habe. Zugleich solle er versprechen, niemals die Annahme einer solchen Wahl zu gestatten. In würdigster Weise wies König Wilhelm diese ungeheuerliche Znmnthung zurück, und als ihn der französische Gesandte fortwährend und sogar auf der Promenade belästigte, sagte er zu seinem Adjutanten: „Sagen Sie doch diesem Herrn, daß ich ihm nichts weiter mitzutheilen habe." Diese gebührende Zurechtweisung wurde von den Franzosen für eine Beleidigung der französischen Nation erklärt; in ungestümer Weise forderte das französische Volk Rache für diese Beleidigung und Rache für Sadowa. Die Abweisung französischer Anmaßung war am 13. Juli geschehen; am 15. eilte der König nach Berlin; noch in derselben Nacht wurde die Mobilmachung des gesammten 19. Heeres des norddeutschen Bundes angeordnet. Am 19. Juli traf Zuli die französische Kriegserklärung in Berlin ein; an demselben Tage 1870 trat der Reichstag des Bundes zusammen und bewilligte die zum Kriege geforderten Mittel; der König erneuerte auch noch am 19. Juli, dem Sterbetage seiner Mutter, den von seinem Vater im Jahre 1813 gestifteten Orden des eisernen Kreuzes; für den 27. Juli ordnete er einen allgemeinen Bettag an. (Vergl. das Gedicht: „Der 19. Juli 1870" von G. Hefekiel). _
Frankreich hatte erwartet, Süddeutschland würde zu ihm stehen oder doch neutral bleiben; aber es hatte sich getäuscht. Mit Begeisterung erhoben sich die süddeutschen Staaten und traten vereint mit Preußen gegen den Erbfeind Deutschlands in die Schranken; von den Alpen bis zur Nordsee ertönte die „Wacht,
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